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Einfluss der Ausgleichsfeuchte eines Zementestrichs auf seine Belegereife

Walter Riegler ist in seiner Funktion als gerichtlich beeideter Sachverständiger Vorstandsmitglied beim VÖEH und schreibt über Beispiele aus der Praxis.

Sind alle „trocken“ gemessenen Zementestriche wirklich verlegereif? Ein Schadensfall gibt Aufschlüsse:

In einer mit über 60 Wohnungen bestückten Wohnhausanlage wird eine Estrichkonstruktion mit einem beschleunigten, baustellengemischten Zementestrich verlegt. Eine Baukernaktivierung in der Decke und eine Estrichkonstruktion ohne Fußbodenheizung bis zum 1. OG sind weitere Eckdaten, ebenso wie ein knapper Bauzeitplan. Eine nicht beheizte Baustelle und hohe Luftfeuchtigkeit sind ebenfalls Begleiter im Zuge dieser Estrichherstellung.

Verklebtes Dreischichtparkett auf beschleunigten Zementestrich verlegt
Auf dem eingebauten baustellengemischten Zementestrich, mit der Güte E300, soll ein verklebtes Dreischichtparkett verlegt werden. Da es sich um einen beschleunigten Zementestrich handelt, fordert der beauftragte Parkettleger eine Freigabe von seinem Auftraggeber für die Verlegung seines Parkettbodens im Hinblick auf die vorhandene Restfeuchtigkeit. Dieser wiederum fordert eine Freigabemessung des beauftragten Estrichherstellers. Die in der Folge durchgeführten CM-Messungen erfolgen aufgrund der Baustellengröße in Etappen.

Die ersten gemessenen Restfeuchtigkeitswerte sind zum einen knapp unter dem Grenzwert bzw. liegen einige Messungen darüber. In den Bereichen dieser erhöhten Messwerte ordnet der Auftraggeber eine abermalige Messung zu einem späteren Zeitpunkt an. Die Freigabe erfolgte letztendlich zu jenem Zeitpunkt, als alle Messungen für den freizugebenden Bereich unter bzw. knapp über dem geforderten Grenzwert liegen (Anmerkung: Zwei Messungen lagen mit 2,1 % knapp über dem erforderlichen Wert von 2 CM %).

Nach erfolgter Freigabe durch den Auftraggeber an den Bodenleger beginnt dieser mit der Parkettverlegung in den freigegebenen Bereichen. Die Baukernaktivierung wurde vor Verlegebeginn aktiviert. Bereits ca. ein Monat nach Verlegung des Parkettbodens traten erste Schäden auf. Der Parkettboden zeigte in vielen Bereichen Beulenbildungen und lag hohl.

Der Parkettboden zeigte in vielen Bereichen Beulenbildungen und lag hohl.Der Parkettboden zeigte in vielen Bereichen Beulenbildungen und lag hohl.

Boden an zwölf Stellen geöffnet
Im Zuge eines vom Bodenleger angeordneten Privatgutachtens wurde an zwei Stellen der Boden geöffnet und eine CM Messung am Estrich durchgeführt. Hierbei wurde festgestellt, dass sowohl der Parkettboden als auch der Estrich weit überhöhte Feuchtigkeitswerte aufweisen.

Da dieses Schadensbild in weiteren Wohnungen zum Vorschein kam, beschloss der Auftraggeber, ein Privatgutachten über die Ursache dieser vorhandenen Feuchtigkeit in Auftrag zu geben. Zum Zweck der Untersuchung des Feuchtigkeitsverlaufes in der Estrichkonstruktion wurde an zehn Stellen der Fußboden geöffnet. An fünf der zehn Prüfstellen wurden Proben über den gesamten Fußbodenaufbau einschließlich der obersten Zone der Rohdecke entnommen. Die in diesem Zuge rund 60 entnommenen Proben wurden luftdicht verpackt zur Prüfung in eine akkreditierte Prüfanstalt gebracht.

Zum Zweck der Untersuchung des Feuchtigkeitsverlaufes in der Estrichkonstruktion wurde der Fußboden geöffnetZum Zweck der Untersuchung des Feuchtigkeitsverlaufes in der Estrichkonstruktion wurde der Fußboden geöffnet

Erhebliche Feuchtigkeit bei Darr-Prüfung nachgewiesen
Nach erfolgter Darr-Prüfung konnte ausgesagt werden, dass sowohl der Parkettboden als auch der Estrich in allen Bereichen eine (zum überwiegenden Teil erhebliche) erhöhte Feuchtigkeit aufweisen. Ebenso wurden an der oberen Zone der Rohdecke als auch an der eingebauten Ausgleichsschüttung erhöhte Feuchtigkeit festgestellt. Die dazwischen liegende Trittschalldämmplatte aus EPS war als trocken einzustufen.

Anhand dieser festgestellten Werte wurde ein Bauphysiker zur Bewertung einer möglichen Dampfdiffusion aus dem Untergrund hinzugezogen. Dieser stellte fest, dass nachstoßende Feuchtigkeit aus dem Untergrund als Ursache des Schadens mit großer Sicherheit auszuschließen sei.

CM-Werte stimmten nicht mit den festgestellten Darr-Werten überein
Auffällig für den beauftragten Sachverständigen war die Gegebenheit, dass seitens des Estrichherstellers CM-Werte gemessen wurden, die mit den festgestellten Darr-Werten bei 40 Grad, die im Zuge der Probeentnahmen ermittelt wurden, nicht übereinstimmen. Aufgrund dieser Tatsache wurden weitere CM-Messungen in sechs verschiedenen Bereichen durchgeführt, wo parallel aus der gleichen Messstelle der CM-Messung Proben für eine anschließende Darr-Probe entnommen wurden. Diese Proben wurden wie schon bei der ersten Probenentnahme mit 40°C und 105°C gedarrt.

Eine Gegenüberstellung der CM Werte mit den Darr-Werten bei 40 Grad bestätigt diese festgestellte Auffälligkeit. Zwischen den getätigten CM-Messungen und den Darr-Messungen bestanden Unterschiede bis zu 1,4 %.

Versuche von namhaften Fachleuten in der Branche ergaben, dass Darr-Werte bei 40°C annähernd mit den CM-Werten gleichzusetzen sind. Selbst wenn man Erfahrungswerte von einer Laboreinrichtung heranzieht, die einen Abzug von ca. 0,5 % vom Darr-Wert bei 40°C zum CM Wert im Zuge einer Prüfserie ermittelt hat, sind die festgestellten Unterschiede dennoch erheblich.

Beim gegenständlichen Fall spielte diese Gegebenheit neben den teilweise zu hinterfragenden ermittelten CM-Werten seitens des AN möglicherweise eine wesentliche Rolle an dem entstandenen Schaden, wo letztendlich eine Fläche von ca. 1600 m² Parkettboden entfernt und neu verlegt werden musste. Ob und wie weit das verwendete Zusatzmittel für eine Trocknungsbeschleunigung Auswirkungen auf die festgestellten Werte hat, wurde nicht verifiziert.

Fazit
Bei baustellengemischten Zementestrichen ist es aus Sicht des Sachverständigen notwendig, sowohl die Ausgleichsfeuchte als auch die Belegereife des jeweiligen Estrichs für die jeweilige Mischung zu ermitteln. Man muss davon ausgehen können, dass eine Verlegung von Oberböden bei den in diversen Normen festgelegten CM-Werten ohne Schaden möglich ist. Der Einfluss von diversen Zusatzmitteln, welche eine frühere Verlegung der Oberböden unter gewissen Bedingungen zusagen, sollte ebenfalls bei der jeweiligen Baustellenmischung geprüft werden.

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